Schnelle wasserhaltige Massenbewegungen wie Murgänge und Hangmuren betreffen an zahlreichen Stellen das deutsche Schienennetz und gefährden Personen und Sachwerte und können zu einschneidenden Betriebsunterbrechungen führen. So verursachte zum Beispiel ein Murgang auf der Bahnstecke von Gerolstein nach Trier beim Wilsecker Tunnel in Kyllburg 2018 eine Zugentgleisung und eine damit verbundene Streckensperrung in den folgenden Tagen.
Motivation und Ziele des Projekts
Ziel des Projekts ist es, durch die Verwendung von neuen, höher aufgelösten Daten und prozessorientierten Modellen die Gefahrenbewertung von wasserhaltigen Prozessen entlang des deutschen Schienennetzes zu verbessern. Dazu sollen mögliche Anriss- und Ausbreitungsgebiete modelliert werden, anhand derer eine detaillierte Gefahrenabschätzung erfolgen kann. Das Projekt ist im Herbst 2020 gestartet und dauert zwei Jahre. Das Projekt ist zudem Teil der Arbeiten des Themenfeldes 1 des BMVI-Expertennetzwerks, welches behörden- und verkehrsträgerübergreifend drängende Verkehrsfragen der Zukunft im Kontext des Klimawandels erforscht.
Unterschiedliche Vorgangsweise auf Hinweis- und Detailstufe
Im Projekt wird die Gefährdung durch Murgänge und Hangmuren auf zwei Betrachtungsebenen untersucht: Auf der Hinweisstufe werden GIS-basierte Modelle entwickelt, die potentielle Fließwege, Reichweiten und das Ausbreitungsverhalten von Murgängen und Hangmuren vereinfacht abbilden. Diese Modelle werden in Pilotregionen wie z. B. der Eifel oder dem Harz entwickelt und anschließend auf ganz Deutschland übertragen. Das Ergebnis ist eine Gefahrenhinweiskarte, auf der sich besonders gefährdete Streckenabschnitte erkennen lassen. Für ausgewählte "Hotspots" werden dann auf der Detailstufe zusätzliche Parameter im Gelände erhoben und genauere physikalischbasierte Modellierungen durchgeführt.
Ein Beitrag zum sicheren Umgang mit gravitativen Massenbewegungen
Die prozessbasierte Gefahrenhinweiskarte und die einzelnen Detailstudien sind ein Beitrag für den Umgang mit gravitativen Massenbewegungen im bundesweiten deutschen Schienennetz und bilden eine neue Grundlage zur Gefahrenbewertung. Die Berücksichtigung von regionalen Besonderheiten (Klimatologie, Geologie, Topographie, Landnutzung) ermöglicht ein differenziertes Bild der Gefahrensituation innerhalb Deutschlands.
Foto: Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung